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Gespräch mit Basis-Aktivisten der Japanischen Revolutionär-Kommunistischen Liga in Tokio am 3.11.2009

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Im Zuge unseres Besuches bei der japanischen Lokführergewerkschaft Doro-Chiba sprachen wir Mitarbeiter der Linken Zeitung am 3.11.2009 mit Aktivisten der Revolutionär-Kommunistischen Liga Japans (Chukaku-ha) im Tokioer Stadtteil Kameido.
Es handelte sich um einen Presseverantwortlichen der JRCL, einen Basisaktivisten der Gewerkschaft der Kommunalangestellten aus Edogawa/Tokio, einer Sozialarbeiterin (und Gewerkschaftsaktivistin) aus Koto/Tokio, einer Druckerin der Zeitung Zenshin („Vorwärts“) und einem weiteren langjährigen Veteranen der Partei.
Das Gespräch mit der auch außerhalb Japans durchaus bekannten und im gewissen Sinn auch z.B. durch ihren Kampf gegen den Flughafen Narita legendären Organisation verlief in gelöster, lockerer und solidarischer Atmosphäre.
Die JRCL (chukaku-ha) ist nicht nur die größte Organisation der Revolutionären Linken Japans, sondern auch eine der ältesten. Sie besteht seit 1957 und ging aus einer Spaltung der damaligen Kommunistischen Partei Japans hervor. Aufgrund einiger Abspaltungen in den sechziger Jahren, die teilweise auch den Namen JRCL führen, wird die Partei unserer Gesprächspartner auch als „chukaku-ha“ bezeichnet, das bedeutet „Zentrumskern-Fraktion“ und bringt zum Ausdruck, dass es sich um den Kern der 1957 geründeten Organisation handelt.
Demo in Tokio 11/2009
Die JRCL (chukakuha) ist auch über Japan hinaus bekannt (vor allem durch ihre tatkräftige Unterstützung der Bauern-Oppositionsliga gegen den Flughafen Narita) und wurde in den bürgerlichen Medien im Ausland (z.B. schon einige Male in der Printausgabe des SPIEGEL) in sensationslüsternen Artikeln erwähnt. Sie ist insofern legendenumwoben (wurde auch schon mal gern als „terroristische“ Organisation bezeichnet) und Gegenstand zahlreicher Legenden.
Die Genossen der JRCL, die wir trafen, waren allerdings ganz normale Arbeiterinnen und Arbeiter und unterschieden sich äußerlich durch nichts von gewöhnlichen Werktätigen Tokios.

Wir tauschten uns mit den JRCL – Genossen vor allem über Arbeitsbedingungen, Rahmenbedingungen der politischen und gewerkschaftlichen Arbeit, Lebensverhältnisse der Arbeiterbevölkerung und aktuelle politische und gewerkschaftliche Kämpfe aus.
Fragen der Einschätzung globaler politischer Ereignisse und politischer Strategien blieben in diesem Gespräch noch unberücksichtigt (zu diesem Thema folgen andere Artikel).

Tokio ist eines der größten und bedeutsamsten Ballungszentren der Welt. Alleine solche Stadtteile Tokios wie Edogawa mit ca. 670 000 Einwohnern oder Koto mit 400 000 Einwohnern übertreffen an Bewohnern selbst mittelgroße deutsche Städte wie Karlsruhe oder Mainz. Wir trafen uns mit den JRCL-Militanten in einem belebten Cafe inmitten bunter Leuchtreklamen und Einkaufszeilen der Warenwelt des Spätkapitalismus in Japan. Stolz präsentierten sie uns die aktuelle Ausgabe ihrer Wochenzeitung Zenshin („Vorwärts“) und machten einen freundlichen, optimistischen und kämpferischen Eindruck.

Alle Gesprächspartner haben langjährige und sehr profunde Erfahrungen in der Gewerkschaftsarbeit in diesem Welt-Ballungszentrum. Der gewerkschaftliche Organisationsgrad etwa im Bereich des öffentlichen Dienstes im Raum Tokio ist sehr hoch, 90 bis 95 % (und damit erheblich höher als in vergleichbaren deutschen Städten).
Unsere Gesprächspartner vertraten – kaum überraschend – eine „radikale“, „militante“ gewerkschaftliche Orientierung, vor allem angesichts der aus ihrer Sicht der durchweg systemfreundlichen Haltung der Führungen der majoritären grossen Gewerkschaftsverbände; hier ist vor allem der dem deutschen DGB vergleichbare Gewerkschaftsdachverband Rengo zu nennen (die japanische Gewerkschaftsbewegung wurde mehrere Male seit 1945 von oben „umstrukturiert“). Nach Aussagen unserer Gesprächspartner reduziert sich der Widerstand dieser Führungen gegen die aktuelle neoliberale Offensive des Kapitals – wenn überhaupt – allenfalls auf verbale Proteste.
Tatsächlich aber könnten die großen Konzerne ihre neoliberalen Strategien der letzten Jahre, die Lasten der Krise der arbeitenden Bevölkerung aufzuladen, ohne die aktive oder passive Hilfe der Gewerkschaftsführungen gar nicht realisieren.

Die Genossen der JRCL treten daher engagiert für einen Richtungswechsel der Gewerkschaften ein. Unter Bedingungen der neoliberalen Offensive seien die kollaborationistischen Gewerkschaftsführungen nur den Interessen des „big business“ nützlich.

Die Nachgiebigkeit dieser Führungen ist in der derzeitigen Krise teilweise skandalös. So erklärte nach Aussagen unserer Gesprächspartner ein leitender Funktionär der Alljapanischen Prefekturs- und Kommunalarbeiter, Jochiro, öffentlich, Lohnkürzungen von 20 % seien „kein Problem“.

Die Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes sind traditionell „das Rückgrat“ der japanischen Arbeiterbewegung.

Innergewerkschaftliche Oppositionsarbeit

Die Genossen der JRCL arbeiten an der Formierung klassenkämpferischer Strömungen innerhalb der traditionellen Gewerkschaften. Einer unserer Gesprächspartner berichtete, dass er eine Funktionärsposition innerhalb der Gewerkschaft aufgegeben hatte, um als militanter Oppositioneller erneut zu kandidieren, wobei er immerhin 10 % der abgegebenen Stimmen bekam. Es gelang ihm gerade aktuell, ein gutes Dutzend seiner Kollegen zu gewinnen, zu der Kundgebung am 1.11.2009 zu kommen (wir berichteten….).

Arbeitsbedingungen unter dem Zeichen der Privatisierung des öffentlichen Dienstes

Eine Genossin berichtete von dem Widerstand gegen die zunehmende Privatisierung des öffentlichen Dienstes. Sie arbeitete ursprünglich als staatliche Altenpflegerin, bis dieser Bereich privatisiert wurde, woraufhin sie „umorganisiert“ wurde. Die in ihrer Gewerkschaft hegemoniale KPJ blieb trotz einem rhetorischen Nein zu den Privatisierungen passiv, d.h. Kampfmaßnahmen wurden weder angedroht noch durchgeführt.

In diesem Zusammenhang erfuhren wir, dass das Monatsgehalt eines Altenpflegers/ einer Altenpflegerin rund 100 000 Yen im Monat brutto beträgt, was angesichts durchschnittlicher Mieten in Tokio (ca. 50 000 Yen für 2 ZK ohne Bad, ca 20 qm Wohnfläche) wirklich wenig ist.

Im öffentlichen Dienst seien auch bereits Bibliotheken und „Essen auf Rädern“ privatisiert worden. Hierbei wurden durchweg reguläre Arbeitsverhältnisse durch prekäre ersetzt (z.B. Zeitarbeit).

Die Kollegen im öffentlichen Dienst berichteten von sogenannten „Tätigkeitsberichten“ zu denen Arbeiter im Staatsdienst in jüngster Zeit gezwungen werden. Art und Umfang dieser „Tätigkeitsberichte“ (Stundenzetteln externer Dienstleister vergleichbar) sehen sie als Schikane an, weswegen sie diese boykottieren und zu deren Boykott aufrufen.

Dass japanische Arbeiter im Unterschied zu deutschen Arbeitern kaum Urlaub hätten oder nehmen würden, ist ein gern kolportiertes Gerücht von Kapitalvertretern in Deutschland, die gern die „opferbereiten“ und „genügsamen“ Japaner den „faulen“ und „verwöhnten“ Deutschen gegenüber stellen. Tatsächlich entspricht die Anzahl der Urlaubstage durchaus deutschen Verhältnissen. Allerdings sind 5 Urlaubstage im Sommer und 5 Urlaubstage im Winter obligatorisch zu nehmen. Ansonsten entsprechen Gesamturlaubstage zwischen 23 und 40 durchaus deutschen Arbeitsbedingungen – falls Arbeitgeberverbände mal wieder was anderes behaupten sollten, es ist falsch.

Arbeitshetze, Arbeitsdruck

Was man in Deutschland so über den Arbeitsdruck in Japan hört, entspricht durchaus der Wahrheit. Japanische Arbeiter, gerade im Staatsdienst, haben ein hohes Arbeitsethos und arbeiten öfter mal über ihre Grenzen (der Anblick im Stehen in der U-Bahn oder S-Bahn schlafender Pendler war uns durchaus schon vertraut).
Ein Kollege und Genosse berichtete von einer hohen Zahl erkrankter Kollegen, ca. 240 bei ca. 4000 Beschäftigten in einer Munizipalverwaltung.
Bei der Zerschlagung der japanischen Staatsbahn 1987 begingen 200 Eisenbahner Selbstmord, über 200 000 mussten ihre Arbeitsplätze wechseln im Rahmen drastischer Versetzungen.
Wir hörten von den Genossen auch, dass nach offiziellen Statistiken 30000 Menschen wegen beruflicher und ökonomischer Probleme Selbstmord begingen, davon 8000 Personen in noch bestehenden Arbeitsverhältnissen, aber auch viele Bauern, deren Existenz ruiniert wurde.

Bedingungen politischer Arbeit in Japan

Polizei und Behörden wirken auf ausländische Besucher sehr höflich und überaus zurückhaltend. Gegenüber militanten oppositionellen Kräften wird allerdings sehr rabiat vorgegangen. Die JRCL ist dabei ein beliebtes Objekt gezielter Repression.
Die auf die Polizei bezogenen Gesetze erlauben ein erstaunliches Maß an Willkür. So können Personen insgesamt bis zu 23 Tage vorläufig festgenommen werden (offiziell 3 Tage, was zweimal jeweils um 10 Tage verlängert werden kann), ohne einem Haftrichter vorgeführt zu werden. Hierbei können auch Schuldbekenntnisse erpresst werden.

Uns interessierte die Rolle der Polizei, die ja auch in staatlichen Diensten steht, im Verhältnis zu anderen Staatsangestellten, sowie die Organisationsform der Polizei.

Die Polizei untersteht generell den Prefekturen ( es gibt 47 in Japan), eine lokale bzw munizipale Polizei wie in vielen Ländern der Welt gibt es nicht.
Auf unsere Frage, ob sie die Polizisten eher als Kollegen im öffentlichen Dienst oder eher als Söldner des Kapitals ansehen, antworteten die JRCL – Genossen erwartungsgemäß, dass sie sie eher als Söldlinge des Kapitals ansehen.
Diese Einschätzung ist für eine Arbeiterorganisation, die bevorzugtes Ziel staatlicher Schikanen ist, kaum verwunderlich.

Kollaboration der Gewerkschaftsbürokratie mit imperialistischen Kriegsvorbereitungen

Ein sehr wichtiger Punkt für unsere JRCL-Kontakte ist die Kollaboration der Gewerkschaftsführungen mit imperialistischen Kriegsvorbereitungen und -mobilisierungen. Die Angriffe des großen Kapitals auf die Lebensbedingungen der arbeitenden Bevölkerung werden vor allem in diesem Zusammenhang gesehen.

Es scheint für diese Kollaboration der Gewerkschaftsbürokratie mit imperialistischen Kriegsvorbereitungen gerade in Japan bedeutsame historische Vorläufer zu geben. Seit Anfang der 30er Jahre des 20 Jahrhunderts führte Japan etwa Krieg in China (Gründung des Marionettenstaates Mandschukuo, bekannt aus dem Film „Der letzte Kaiser“). Ohne die Unterstützung durch die Gewerkschaftsführungen, so die Genossen der JRCL, wäre dieser Krieg, der in einem allgemeinen Eroberungskrieg in Ostasien und schließlich in einer Konfrontation mit den USA mündete, nicht möglich gewesen.
Bis 1936 gab es in Japan legale Gewerkschaften, die mit dem kaiserlich-imperialistischen Staat kollaborierten. Diese liessen sich unter kaiserlicher Regie auch zwangsvereinigen.
Trotzdem gab es selbst unter Kriegsbedingungen auch Streiks einzelner Sektoren der Arbeiterschaft, natürlich gegen den Willen der Gewerkschaftsführungen.

Nach dem Krieg, unter US-Besatzung, gab es 1946 eine breite Streikwelle, die in einem gescheiterten Generalstreik 1947 mündete. Hier sprachen die JRCL-Genossen von einem Verrat der Kommunistischen Partei Japans an diesem Streik.
Die damaligen US-Militäradministration unter dem Kriegsverbrecher Douglas MacArthur (Hauptverantwortlicher für den Koreakrieg 1950-53 und die dabei begangenen Kriegsverbrechen) ging mit gewaltsamen, militärischen Mitteln gegen diesen Streik vor.
Die Staatsangestellten bildeten das Rückgrat der japanischen Arbeiterbewegung. Dieses Rückgrat sollte durch ein neues Gesetz 1949 gebrochen werden, der den Staatsangestellten das Streikrecht entzog.
Unsere japanischen Genossen sehen eine kontinuierliche Linie von dieser Nachkriegszeit bis zur Aufteilung und Privatisierung der Japanischen Staatsbahnen ab 1987. Gerade die Arbeiter der (staatlichen) Staatsbahnen waren stets ein sehr kampfstarker Sektor – zugleich sind diese Arbeiter auch technisch und in jeder Hinsicht gut ausgebildet und haben ein hohes Arbeitsethos in diesem Sektor des öffentlichen Dienstes.
Die Zerschlagung der JNR in diesen Jahren (um 1987) wird von den Genossen der JRCL vor allem als ein Angriff auf die organisierte Arbeiterschaft gesehen, die dadurch getroffen werden sollte. Parallel mit der Zerschlagung des britischen Bergarbeiterstreiks durch die Thatcher-Regierung in Großbritannien stellte dies den Auftakt der neoliberalen Offensive dar, so die JRCL – Genossen.

Die JRCL-Genossen sind sehr stark von ihrer „Fundamentalopposition“ gegen den japanischen Imperialismus geprägt. Ein Genosse berichtete uns, dass sein Großvater Kolonialbeamter in Taiwan war, das zeitweise japanisch annektiert war. Sie sind sich der imperialistischen Verbrechen des japanischen Imperialismus vor 1945 sehr bewusst (1894 japanisch-chinesischer Krieg, 1910 Annektion Koreas, 1931 Annektion der Mandschurei).

Eine interessante Frage, die sich uns stellte, ist die, ob die Gewerkschaftspolitik der JRCL (chukakuha) eine Abart der RGO-Politik der KPD in der Weimarer Republik darstellte, da sie ausdrücklich auch die Ausbildung kämpferischer Gewerkschaften wie z.B. Doro-Chiba unterstützt. Bislang konnten wir das nicht verifizieren, den JRCL-Genossen scheint die historische RGO durchaus bekannt und sie distanzieren sich davon.

Studienbedingungen in Japan

Die Bestrebungen des Kapitals, aus universitärer Bildung wieder ein Privileg von wenigen Kindern aus vermögendem Elternhaus zu machen, sind in Japan leider schon sehr fortgeschritten. Tatsächlich sind in Japan Studiengebühren flächendeckend eingeführt. Es gibt auch private Universitäten, und zwar in breiterem Maße als in Deutschland.
An der (privaten) Hosei – Universität kosten 4 Jahre Studium z.B. 7 Millionen Yen (derzeit 1 Euro = ca. 135 Yen), in einer staatlichen Universität 500 000 Yen pro Jahr, d.h. 2 Millionen Yen für 4 Jahre. Die Umwandlung des Bildungssystems in eine Brutanstalt für kapitalistische Eliten ist also schon weit fortgeschritten.
Typische Arbeiterfamilien können es sich daher fast nicht mehr leisten, ihre Kinder auf die Universität zu schicken. Fast alle Studenten müssen nebenher arbeiten, um ihr Studium zu finanzieren.
In diesem Zusammenhang fragten wir auch, ob in Japan auch alternative Lebensgemeinschaftsmodelle zur Familie gäbe. So gibt es in Deutschland ja typischerweise viele Studenten-WGs. Das scheint schon der Fall zu sein, aber nicht in einem solch breiten Maße wie in Deutschland.
Das Hauptquartier der JRCL stellt allerdings auch eine große Hausgemeinschaft dar, da dort auch einige Dutzend Genossen wohnen.
Die JRCL ging in ihren ersten Jahren in hohem Maße aus der japanischen Studentenorganisation Zengakuren hervor und es gibt bis heute eine aktive Zengakuren-Organisation, die mit der JRCL eng verbunden ist.

Schulsystem in Japan

Das Schulsystem in Japan wirkt im Unterschied zum Universitätssystem wesentlich fortschrittlicher als in Deutschland. Es gibt eine sechsjährige Volksschule, gefolgt von einer obligatorischen dreijährigen Mittelschule. Grundsätzlich freiwillig ist eine dreijährige Oberschule („High School“, Koko), die gleichwohl fást alle Schüler absolvieren.
Daraus ergibt sich eine insgesamt zwölfjährige Normalschulzeit für die meisten japanischen Jugendlichen.
Es existiert eine Ganztagsschule, zu Ferienzeiten tritt allerdings das Problem der „Schlüsselkinder“ auf.
Eine oppositionelle Schülerbewegung scheint es indes in Japan nicht in nennenswertem Umfang zu geben.

Kooperation zwischen Arbeiterrevolutionären und Berufsrevolutionären

Wir interessierten uns natürlich auch für die innere Struktur und Organisation der JRCL, die mehrere tausend Mitglieder in ganz Japan zählt. Als Kaderorganisation reicht ihr Einfluss allerdings erheblich weiter.
Die JRCL besteht nach Auskunft unserer Gesprächspartner aus Arbeiterrevolutionären und Berufsrevolutionären, wobei das Verhältnis etwa 90% zu 10 % ist.
Arbeiterrevolutionäre und Berufsrevolutionäre arbeiten eng zusammen, der hauptamtliche Apparat der Partei steht in vielfältiger Weise im Dienst der Arbeiterrevolutionäre. Die Genossen betonten, dass das Verhältnis beider Mitgliederkategorien kooperatiov und partnerschaftlich sei, und keine Unter- oder Überordnung bestehe, etwa im Sinne der Überordnung der „Hauptamtlichen“.
In der Tat hatten wir den Eindruck, daß der „hauptamtliche“ Teil der Partei vor allem aus organisatorischen Diensten besteht, die den Arbeitermilitanten zur Verfügung stehen: so gibt es Fahrdienste, Druckdienste usw.

Organisatorische Gliederungen

Neben der JRCL gibt es die Marxistische Studentenliga (Zengakuren) und den Marxistischen Jungarbeiterbund, die den jugendlichen Parteinachwuchs organisieren. Schwerpunkt dieser Schwesterorganisationen ist die Arbeit in den Gewerkschaften und Studentenvertretungen (sofern es diese überhaupt gibt).

Zentrale politische Linie der JRCL

Die Genossen bezeichneten die zentrale derzeitige politische Linie der JRCL als „Linie der klassenbasierten Arbeiterbewegung“. Demnach gilt es, eine breite Basis – Opposition gegen die Zusammenarbeit der Gewerkschaftsführungen mit Staat und Kapital zu organisieren, was vielfältige Formen annehmen kann.

Wir konnten nach diesem Gespräch (3.11.) am 5.11.2009 die Zentrale der JRCL in Tokio besuchen (die „rote Festung“) , ein ausgebautes ehemaliges Fabrikgebäude, das u.a. eine leistungsfähige Zeitungsdruckerei, eine Bibliothek etc. beherbergt und in dem auch zahlreiche Parteimitglieder in einer Art großer gut organisierten Hausgemeinschaft wohnen. Es wurde uns klar, dass eine solche politische Infrastruktur nur von einer stabilen, in der Arbéitschaft fest verankerten Partei getragen werden kann.

Written by bronsteyn

4. Januar 2012 um 3:31 am

Veröffentlicht in Japan

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2 Antworten

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  1. Toller Artikel! Ich werde da noch mal genauer recherchieren!

    Jesko

    16. Januar 2012 at 1:51 am

  2. […] Ich habe deswegen eine so klare Vorstellung davon, weil ich diese Arbeitsweise bei der japanischen JRCL kennengelernt habe und mit eigenen Augen gesehen habe. Die Partei JRCL (NC) ist bei vielen gewerkschaftlichen und gesellschaftlichen Bewegung im Hintergrund und unterstützt mit ihrem Apparat die Strukturen der autonomen Arbeiterbewegung (z.B. die kämpferische Eisenbahnergewerkschaft Doro-Chiba). Das Verhältnis der Partei zu den Gewerkschaftsinitiativen und Bewegungen, mit denen sie verbunden sind, ist ein, wie sie es sagen „Bruder-Schwester-Verhältnis“, kein „Eltern-Kind-Verhältnis“. In der Praxis, konnte ich feststellen, ist es auch so. Ganz anders als ich es in der deutschen Linken mit ihren vielen Avantagrden und „Massenorganisationen“ erlebt habe. Die von mir gemachten Erfahrungen und Beobachtungen in Japan (seit 2009) haben mich davon überzeugt, dass diese Orientierung (KOA) Hand und Fuss hat, und mit einer RGO-Politik nichts zu tun hat. Sie ermöglicht gleichermassen, Sektierertum und Anpassung an den Reformismus zu vermeiden. Natürlich steht Japan noch nicht vor einer Revolution, aber ich war überrascht, in der JRCL(NC)die älteste und eine der größten trotzkistischen Organisationen vorzufinden, deren Praxis (ich sprach viel gerade mit Basisarbeitern) mich überzeugte in dem Sinn, dass es eine Linie i9st, an der weitergearbeitet werden muss. Die Organisation der Revolutionäre wird weder von der JRCL noch von mir als „die Elite“ oder die „Creme de la creme“ betrachtet, im Gegenteil sehen wir die Organisation der Revolutionäre in einer dienenden Rolle beim Aufbau der Organisationen der Arbeiter. In Japan sieht das so aus, dass selbst kleinste Gewerkschaftsverbände (von denen es in Japan viele gibt) auf den Apparat der Partei zurückgreifen können, wenn sie ihn brauchen. Arbeiter treten erst dann in Massen in eine revolutionäre Partei ein, wenn diese durch ihre praktische Führung von Kämpfen der Klasse Vertrauen gewonnen hat. „Führungsanspruch erheben“ bringt gar nichts. Bevor ich lange Worte mache, hier ein Text von mir dazu: https://bronsteyn.wordpress.com/2012/01/04/gesprach-mit-aktivisten-der-japanischen-revolutionar-kommu… […]


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