Bronsteyns Agentur für Augenöffnung und kreative Weltveränderung

Volksmedien für Journalismus von unten

Archive for Januar 2013

Was ist eigentlich Kommunismus?

leave a comment »


Mein Kommentar zu folgendem Artikel:

http://www.nao-prozess.de/blog/warum-der-sozialismus-kein-etappenziel/

Rein formal würde ich folgendem Satz unbedingt zustimmen:

Weil nun aber der Sozialismus keine eigenständige Produktionsweise ist, sondern sozialistische Gesellschaftsformationen eine widersprüchliche Kombination von Elementen der kapitalistischen und der kommunistischen Produktionsweise darstellen (…)
sollten wir, selbst wenn wir eine sozialistische / proletarisch-dikatorische Übergangsgesellschaft für notwendig halten nicht den Sozialismus zum strategischen Etappenziel erklären, nicht den Kommunismus vom Sozialismus her denken,
sondern den Sozialismus vom Kommunismus her denken

Aber!
Was ist eigentlich Kommunismus?
Wenn Kommunismus nicht nur ein inhaltsloses sprachliches Konstrukt sein soll, sondern eine reale anzustrebende und vermittelbare Gesellschaftsordnung, dann gilt es zu überprüfen, wie “Kommunisten” (also Menschen, die sich als solche bezeichnen), zu folgenden zwei strukturellen Merkmalen des Kommunismus stehen (so wie Marx, Engels und Lenin ihn verstanden haben):

1. Attraktive Arbeit
2. Freiheit in der Liebe

Aus beiden Strukturmerkmalen folgt auch das organisatorische Prinzip der Serie (Fourier), dem Zusammenschluß von Menschen entlang ihrer Leidenschaften. Dieses organisatorische Prinzip wurde von Marx und Engels immer wieder inhaltlich aufgegriffen durch z.B. folgende Formulierungen:
“Freie Assoziation der Produzenten”
“Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen”
usw.
Diese beiden Kriterien haben sich für mich insofern als völlig hinreichend erwiesen, die Selbstzuweisung von Menschen als “Kommunisten” zu überprüfen.
Für mich ist klar, dass Menschen, die dekretieren, dass Arbeit auch im Kommunismus ein äusserer Zwang sein wird (ausgeübt durch wen?) keine Kommunisten im Sinne von Marx und Engels sind.
Das zum einen.
Wie aber ist es mit Menschen, die das Strukturprinzip der Freiheit in der Liebe direkt oder indirekt ablehnen (und mithin das sexuelle Selbstbestimmungsrecht des Menschen – immerhin eine juristische Errungenschaft der vollendeten bürgerlichen Gesellschaft) und stattdessen die Sexualität der Menschen (in ihrer von Kleingeistern kaum zu erfassenden Vielfalt) verändern und in ihrem Sinne normieren wollen (wenn auch mit dem völlig untauglichen Mittel der verbalen Nötigung, da ja schließlich der Mensch ohnehin nur ein “sprachliches Konstrukt” sei)?
Nun, ich sage, diese Differenz ist prinzipiell und keine bloß taktische oder strategische.

Written by bronsteyn

2. Januar 2013 at 3:41 pm

Über das geistige Elend des Poststrukturalismus

with one comment


Dieser Text ist eine Antwort auf:
http://www.nao-prozess.de/blog/absage-an-den-autonom-feministischen-poststrukturalismus/#comment-28700

Auf den Text von Richard (RSB) wurde vollständig und auch in der Originalreihenfolge eingegangen.
—————————
Lieber Richard (RSB),

zu deinem Kommentar meine Antwort.

Sie richtet sich nicht nur an dich persönlich, sondern an alle Leser, die sich – aus welchen Gründen auch immer – mit diesem „Poststrukturalismus“ – ob aus Passion oder gezwungenermaßen – auseinandersetzen.

Also MEIN Verständnis des Poststrukturalismus ist, dass mensch versucht, über Sprache Bewusstsein zu schaffen.

Oh Tücken der Sprache!
Der Mensch versucht also über Sprache Bewusstsein zu schaffen? Weil etwa „der Mensch ein sprachliches Konstrukt ist“ (bekanntes logozentrisches Axiom des Poststrukturalismus,
siehe http://www.die-grenze.com/post_einsteiger.html) ?
Ach nein, so ist es wohl nicht gemeint. Gemeint ist wohl „Also MEIN Verständnis des Poststrukturalismus ist, dass man versucht, über Sprache Bewusstsein zu schaffen.“
Das geschlechtlich unbestimmte Indefinitpronomen „man“ ist übrigens wesentlich älter als die Zuweisung Mann = Mensch männlichen Geschlechts und ist mit dieser etymologisch überhaupt nur verwandt durch die ursprüngliche Bedeutung der Wurzel „man“ = Mensch ohne nähere Bezeichnung eines Geschlechts (Im Englischen noch erkennbar). Insofern stellt auch die Ersetzung des Indefinitpronomens „man“ durch das von Dekonstruktivisten konstruierte Indefitipronomen „mensch“ keine wirkliche Errungenschaft dar. Aber mit Sprachgeschichte und Geschichte überhaupt steht der Poststrukturalismus in seiner pseudofeministischen Variante ohnehin auf Kriegsfuss: Er „feiert“ schließlich den „Tod der Geschichte“.
Warum sollte man sich also mit etwas beschäftigen, was ohnehin „tot“ ist?
Nette Hirnakrobatik, aber leider ohne jede Bedeutung (echt poststrukturalistisch-dekonstruktivistisch).
Aber ich verstehe, was mit deinem Satz gemeint ist und will jetzt nicht dekonstruktivistisch-poststrukturalistischer tun, als ich tatsächlich bin.
Du meinst, du versuchst, über Sprache Bewusstsein zu schaffen, und so hast du den Poststrukturalismus verstanden.
Verstehe.
Anders ausgedrückt: Poststrukturalisten sind der Auffassung, dass sie über Sprache Bewusstsein schaffen können (bei anderen).

Frage: haben diese anderen kein Bewusstsein?
Jedenfalls nicht das „richtige“, versteht sich.
Wie lässt sich mit („postrukturalistischem“) „richtigen“ Bewusstsein das „falsche“ Bewusstsein der „anderen“ -hm- verändern oder verdrängen?
Nun, es müsste wohl überzeugend sein. Überzeugungskraft aber hat nicht nur etwas mit Sprache zu tun, sondern auch etwas mit Attraktivität (=Anziehungskraft), was wiederum mit Leidenschaften zu tun hat
Leidenschaften sind ja nun etwas, was für den Poststrukturalismus überhaupt nicht existiert, sondern allenfalls Ausdruck von „Machtpraktiken“ (poststrukturalistisch „korrekt“: „Machtpraxen“) ist. Jeder Mensch ist nach den umwälzenden Erkenntnissen des Poststrukturalismus schließlich nur ein sprachliches Konstrukt -Barthes, Derrida- oder ein Konstrukt diskursiver und nicht-diskursiver Machtpraktiken -Foucault-.
Woraus stringent folgt, dass sie – die Poststrukturalisten – gern an der Sprache mit-konstruieren möchten.
Ist ja nur konsequent.
Nun, eine naheliegende Methode (und eine bessere ist den Poststrukturalisten wohl noch nicht eingefallen) ist Mobbing als politische Strategie. Sie nennen es verschleiernd „maximaler Veränderungsdruck“, wobei noch zu untersuchen sein wird, in welche Richtung dieser „maximale Veränderungsdruck“ (=politische Strategie des Mobbing) „führen“ soll.
Nur eines ist mir dabei längst klar geworden: es geht definitiv NICHT in Richtung Kommunismus.

Das mit dem Mobbing und so erscheint mir recht absurd, denn auch wenn das die Konsequenz von poststrukturalem Vorgehen sein kann, so ist dies sicherlich nicht intendiert.

Mobbing als politische Strategie der „Schaffung von Bewusstsein“ IST absurd, in der Tat.
Ob es von den Wortführern des Poststrukturalismus aber gar nicht intendiert wäre, da hege ich meine Zweifel. Auch wenn diese Leute alle Menschen (also auch sich selbst) zu blossen sprachlichen Konstrukten erklären, so heisst das – zumindest für mich – nicht, dass sie deshalb im Lebermeer der grundlosen Theorie umhersegeln, sondern auch in ihnen manifestieren sich – wie könnte es anders sein? – handfeste Interessen. Und auch sie HABEN Interessen, die von ihrer Sprache unabhängig sind und in ihrem „Sprechen“ (parole) nicht zum Vorschein kommt, sondern verschleiert wird.
Aber diese Leute gehen ja ohnehin davon aus, dass der Mensch ein „Konstrukt von Machtpraktiken“ ist, was liegt also näher, als ihnen meinerseits zu unterstellen, selbst Machtpraktiken konstruieren zu wollen?
Oder?
Also: ich gehe sehr wohl davon aus, dass dieses Mobbing als politische Strategie sehr wohl intendiert ist (es wird sprachlich aber natürlich nicht als solches dargestellt, sondern „revolutionär“ beschönigt, was es aus meiner Sicht konsequent zu dekonstruieren gilt).
Basta.

Doch zurück zur umwälzenden Philosophie des Poststrukturalismus, welcher entdeckt hat, dass der Mensch ja nur ein sprachliches Konstrukt ist, und den „Tod der Geschichte“ „feiert“.
Übrigens habe ich dazu ein schönes passendes Zitat von Engels gefunden:

Die gelehrten Herren Deutschen, die so eifrig auf dem „wilden Lebermeer“ der grundlosen Theorie umhersegeln und vor allem nach „dem Prinzip“ des „Sozialismus“ fischen, mögen sich an dem commis marchand Fourier ein Exempel nehmen. Fourier war kein Philosoph, er hatte einen großen Haß gegen die Philosophie und hat sie in seinen Schriften grausam verhöhnt und bei dieser Gelegenheit eine Menge Sachen gesagt, die unsere deutschen „Philosophen des Sozialismus“ wohltäten, sich zu Herzen zu nehmen. Sie werden mir freilich entgegnen, daß Fourier ebenfalls „abstrakt“ war, daß er mit seinen Serien Gott und die Welt trotz Hegel konstruierte, aber das rettet sie nicht.
Die immer noch genialen Bizarrerien Fouriers entschuldigen nicht die ledernen sogenannten Entwicklungen der trockenen deutschen Theorie. Fourier konstruiert sich die Zukunft, nachdem er die Vergangenheit und Gegenwart richtig erkannt hat; die deutsche Theorie macht sich erst die vergangene Geschichte nach ihrem Belieben zurecht und kommandiert dann ebenfalls der Zukunft, welche Richtung sie nehmen soll.
(…)
Und mit dieser Langeweile will man Deutschland revolutionieren, das Proletariat in Bewegung setzen, die Massen denken und handeln machen?
Wenn sich unsere deutschen halb und ganz kommunistischen Dozenten nur die Mühe gegeben hätten, die Hauptsachen von Fourier, die sie doch so leicht haben konnten wie irgendein deutsches Buch, etwas anzusehen, welch eine Fundgrube von Material zum Konstruieren und sonstigen Gebrauch würden sie da entdeckt haben! Welche Masse von neuen Ideen – auch heute noch neu für Deutschland – hätte sich ihnen da dargeboten!

(Friedrich Engels 1846)
http://www.mlwerke.de/me/me02/me02_604.htm
Mit den „genialen Bizarrerien“ meinte Engels übrigens solche Dinge wie die Meere aus Limonade, den Anti-Löwen, die boreale Krone, das Angelikat und die Kopulation der Gestirne, und nicht etwa Fouriers Grundkonzepte von der anziehenden Arbeit und der Freiheit in der Liebe, die Engels viele Male engagiert gegen alle Kritiker verteidigte.
Na, ist das kein Grund, sich mal näher mit Fourier zu befassen?
Er ist so verdammt hochaktuell, mehr denn je, und was Engels da 1846 über Fourier schreibt, das trifft aus meiner Sicht sogar auch auf 2013 zu.
Doch weiter Richard (RSB):

Bleibt also nur noch die Frage nach dem Sein und dem Bewusstsein, denn dass Sprache nicht (direkt) die Realität verändern kann, ist eine Aussage, auf die wir uns in dieser Allgemeinheit sicher einigen können. Dass die Realität unser Bewusstsein (und damit auch unser Denken und Handeln sowie unsere Sprache) formt, ist etwas, das recht wesentlich für die uns eigene Methode des historischen Materialismus ist, steht also auch nicht in Frage. Kann aber das Bewusstsein auch die Realität ändern? Ich sage ja, denn unser Bewusstsein bestimmt unser Handeln und dieses beeinflusst die Realität.

Natürlich ist es völlig richtig, dass Handeln die Realität beeinflusst bzw. beeinflussen kann. Auf das Handeln wiederum kann das Bewusstsein einwirken.
„Das Bewusstsein“ ist aber nach heutiger hegemonialer Auffassung in der Psychologie derjenige Teil der Psyche, der sich für „das Bewusstsein“ hält und meistens meint, er hätte die Kontrolle „über das ganze“, was aber eine alberne Vorstellung ist und messbar nicht stimmt; die Mehrzahl aller täglichen Handlungen ist nämlich un-bewusster Art.
Bewusstsein wiederum hat sicher auch etwas mit Sprache zu tun. Ja.
Aber dass „unser Bewusstsein unser Handeln bestimmt“ (und nicht etwa nur beeinflusst), ist schon eine sehr kühne Aussage.
Genau genommen ist diese Annahme sogar anmaßend, aber ich will jetzt kein neues Fass aufmachen, vielleicht mal hier nachlesen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Bewusstsein
(Ich will jetzt nicht auch noch mit Ken Wilbers Bewusstseinsstufen kommen, das wäre zu starker Toback jetzt)
Ganz langsam zum Notieren: das UNBEWUSSTE bestimmt mindestens in gleichem Maße wie das „Bewusstsein“ das Handeln.
Und das Unbewusste setzt sich zu einem ganz wesentlichen Teil aus dem zusammen, was man „Leidenschaften“ nennen könnte (französisch „passion“).
Das ist etwas, was zweifellos allen Poststrukturalisten völlig fremd ist oder höchstens als eine durch Sprache (wodurch sonst?) konstruierte „Bedürfnisstruktur“ aufgefasst wird, durch Sprache natürlich manipulierbar, denn schließlich ist der Mensch ja nur „ein sprachliches Konstrukt“ (So lautet ja der Fundamentalsatz der poststrukturalistischen Ideologie).

Die Menschen handeln aber im wesentlichen nach ihren Leidenschaften, mein lieber Richard.
Egal ob ihnen diese Leidenschaften bewusst sind oder nicht.
Ich meine natürlich (als überzeugter Fourierist), dass es besser wäre, wenn alle Menschen ihre eigenen Leidenschaften kennen würden. Und wenn sie auch wissen würden, dass diese Leidenschaften in den Menschen völlig ungleich in ihrer Ausprägung und Stärke verteilt sind, aber insgesamt aber auch alle gemeinsam sind.
Das ist in einer kapitalistischen Welt nicht die Regel. Und in einem poststrukturalistischen Kapitalismus wäre es erst recht nicht so.

Aber dass nur das Bewusstsein – ein relativ kleiner und beschränkter Teil unserer Psyche – das eigene Handeln bestimmen würde, ist eine höchst fatale Annahme, denn der wichtigste und entscheidenste Faktor für das menschliche Handeln wird dabei völlig übersehen: es sind die Leidenschaften, deren psychische Repräsentanz gemeinhin das Gefühl oder auch die Emotion genannt wird.

Aber dann ist doch die Konsequenz, neben dem eigenen Handeln bei anderen Menschen Bewusstsein zu schaffen, um sie zum Handeln zu bewegen.

Die Frage, wie ein Mensch einen anderen zu einem Handeln (in seinem/ihrem Sinne) bewegen kann, ist durchaus interessant und verdient nähere Betrachtung.

Die Frage ist wesentlich komplexer als sie auf den ersten Blick aussschaut.
Schon ein Kleinkind beschäftigt sich – auch wenn es noch wenig „Bewusstsein“ hat – mit der Frage, wie es andere Menschen dazu bewegen kann, zu tun, was es gern hätte (es schreit, wenn es etwas will z.B.).

Die Annahme, indem man anderen Menschen „Bewusstsein verschafft“, würde man sie zu einem bestimmten Handeln entsprechend dem eigenen Willen „veranlassen“, ist in dieser allgemeinen Form zumindest naiv.
Aber es ist immerhin eine Naivität, die dem gesamten poststrukturalistischen Denken zugrunde liegt, lieber Richard, und nicht nur deine.

Wer sagt denn, dass andere Menschen kein „Bewusstsein“ haben?
Na, was sagst du zu dieser Frage, mein lieber Richard?

Aber das ist noch nicht alles.
Klar wirst du zugeben, dass auch andere Menschen Bewusstsein haben, so vernagelt kannst du nicht sein, es ihnen abzusprechen.
Was du wahrscheinlich meinst, ist so etwas wie „wahres Bewusstsein“, über den Kapitalismus etwa, oder das Patriarchat, oder den Kampf der „Rassen“.
Es geht also nicht darum, Bewusstsein zu schaffen, denn alle Menschen haben irgendein Bewusstsein. Ja, und sicherlich gibt es auch „falsches Bewusstsein“ (also falsche Annahmen über das eigene Sein).
Sondern du sprichst offensichtlich davon, dass die anderen Menschen das „falsche Bewusstsein“ (warum auch immer falsch) durch „richtiges Bewusstsein“(warum auch immer richtig) ersetzen sollen. Dann handeln sie – deiner Überzeugung nach – sicher auch so, wie du es gerne hättest, nicht wahr?

Eine Vorstellung, die aus meiner Sicht mindestens naiv und verkürzt, tendenziell aber insgesamt falsch ist.

Ich will aber zunächst bei der Frage verbleiben, wie es möglich ist, als Individuum andere Menschen zu einem Handeln zu bewegen, das man selbst von ihnen will.
Ist doch eine interessante Frage, oder nicht?
Allgemein betrachtet lässt sich sagen, dass es zwei Grundvarianten gibt, um andere Menschen zu einem Handeln zu veranlassen, wie man es selbst gern hätte.

Nötigung
Nötigung ist – allgemein gesprochen – jede zielgerichtete Handlung, die ein unangenehmes, schlechtes Gefühl in einem anderen Menschen hervorruft. Zweck (Teleologie) der Handlung ist, den anderen Menschen zu einer Handlung im eigenen Sinne zu bewegen.
Da mag man an eine Peitsche denken oder an ein Maschinengewehr, aber auch jede verbale Drohung (und sei es eine mit Liebesentzug) ist letztlich in diesem Sinn ebenso eine Nötigung, wie ganz allgemein das gezielte Auslösen negativer Emotionen.
Und als Alternative?
(Nein, nicht die „Einsicht“, das ist Blödsinn).

Attraktion (etwas anziehendes)
Schon der geniale Kriegsphilosoph Sun Tse lehrte, dass ein Feind sich lenken läßt, wenn man ihm gezielt Vorteile bietet, um ihn genau so zu bewegen, wie man selbst möchte.
Was für den Krieg und den Feind gilt, das gilt erst recht für den Frieden und den Freund.
Am effektivsten ist es, an den Leidenschaften anderer Menschen anzuknüpfen, das wusste sogar schon Tom Sawyer, als er einen anderen Bub dazu bewegte, an seiner Stelle einen Zaun zu streichen.
Diese einfache und grundlegende Unterscheidung spiegelt sich auch auf höheren Ebenen wieder. So lässt sich Arbeit etwa danach unterscheiden, ob sie durch Arbeitszwang (welcher Art auch immer) oder durch Anziehung motiviert ist.
Kommunismus wäre demnach eine Gesellschaftsordnung, in der die Arbeit für alle Individuen grundsätzlich eine anziehende ist (worauf immer die Anziehung im Einzelfall basieren mag), was durch eine soziale Struktur basierend auf Serien möglich wird.
Du, lieber Richard, und die Poststrukturalisten, ihr wollt also andere Menschen zum Handeln in eurem Sinne bewegen. Indem ihr (so meint ihr jedenfalls) ihr „Bewusstsein verändert“. Und wie das? Durch Sprache, versteht sich. Denn wie alles andere auch ist das Bewusstsein ein „sprachliches Konstrukt“, das „ausserhalb der Sprache“ „keine Wirklichkeit“ hat. Das jedenfalls meint der Poststrukturalismus.
Klingt irgendwie „logisch“, ist aber völliger Unsinn.
Ich habe oben dargelegt, dass es zwei grundlegende Möglichkeiten für einen Menschen gibt, andere Menschen zu irgendetwas im eigenen Sinne zu bewegen.
Die höchste menschliche Organisationsform wäre dann eine solche, wo alle Menschen die Leidenschaften aller jeweils anderen unterstützen und fördern.
Eine auf gemeinsamen Leidenschaften basierende Organisation nennt Fourier eine Serie („Das Ei des Kolumbus der Sozialwissenschaften“ – Friedrich Engels).
Welche Strategie verfolgt der „revolutionäre Poststrukturalismus“?
Nun, er will „maximalen Veränderungsdruck“ erzeugen, was im weitesten Sinne nichts anderes als Nötigung darstellt.
Nicht dass ich aus Prinzip gegen jede Nötigung wäre.

Ich meine durchaus, dass die Klasse des Proletariats (weltweit die große Mehrheit der Menschheit) die Klasse der Kapitalbesitzer (und ihre Helfer) nötigen sollte (mit den geeigneten Mitteln), auf ihr Eigentum zu verzichten, es ihnen „wegnehmen“ und es in öffentliches Eigentum überführen.

Da bin ich unbedingt für Nötigung.

Aber auch den Kapitalbesitzern spreche ich ihre Leidenschaften und Neigungen nicht ab. Wer gern an der Börse zockt und Termingeschäfte unternimmt, wer gern Konzerne aufbaut und Kapitalien scheffelt, der ist bestens bedient durch die zeitgenössischen Aufbauspiele auf dem PC, die sich sogar online spielen lassen. Im Gegenteil, die Leidenschaften der Kapitalisten werden durch ihre Enteignung erst ihre wirkliche Befreiung finden und auf ihren wirklichen Ursprung zurückgeführt werden.
Freien Zugang zum Internet und zu allen nur denkbaren wirtschaftlichen Aufbauspielen, das kann ich den stressgeplagten Kapitalisten heute schon versprechen für die Zeit ihres Ruhestandes. Aber die exklusive Kontrolle über die reale menschliche Wirtschaft muss man dieser Klasse schon mit allen erforderlichen Mitteln der Nötigung wegnehmen wie einem Kind das Jagdgewehr oder Benzinkanister und Feuerzeug.

Also: ich bin nicht gegen Nötigung. Aber wenn schon genötigt wird, dann auch die Frage erlaubt: wozu?

Zur „Abschaffung der Geschlechter“?
Wie ist das zu verstehen?

Etwa im Sinne des Kybele-Kultes der Antike?
http://de.wikipedia.org/wiki/Kybele
Wahrscheinlich nicht, das ist viel zu mysthisch.

Oder im Sinne der Skopzen, die wahrlich wirklich pragmatische Vorläufer des „autonom-feministischen Poststrukturalismus“ genannt werden können?
http://de.wikipedia.org/wiki/Skopzen
Nun, die Skopzen machten im Unterschied zu den Poststrukturalisten wenigstens Nägel mit Köpfen, und ich bezweifle auch in ihrem Fall nicht, dass diese Leute durch ihre Leidenschaften angetrieben wurden (welche auch immer).

Nein, nein, diese „Abschaffung der Geschlechter“ ist nichts anderes als ein „sprachliches Konstrukt“, wie alles andere am Poststrukturalismus auch.
Es handelt sich also um eine Nötigungsstrategie zur Annahme der sprachlichen Konstrukte der Poststrukturalisten.

Als Revolutionärinnen tun wir aber genau das tagein, tagaus (oder sollten es). Naja und in diesem Sinne sehe ich auch den Poststrukturalismus: Als eine Möglichkeit, um Bewusstsein zu schaffen. Als ein Werkzeug, dass die Werkzeuge des Marxismus ergänzt.

Ich habe schon gesagt, dass auch andere Menschen ausser dir und den Poststrukturalisten Bewusstsein haben, ob euch dieses nun gefällt oder nicht.

Der Satz ist also entweder unsinnig oder falsch. Er ist falsch, wenn anderen Menschen ausser den Poststrukturalisten Bewusstsein abgesprochen wird, und er ist unsinnig, wenn er behauptet, dass er überhaupt irgendein Bewusstsein „schafft“, denn der Poststrukturalismus ist selbst bestensfalls ein Bewusstseinsinhalt, in seinen eigenen Worten: „ein sprachliches Konstrukt“.
Im Sinne des heutigen Standes der Psychologie ist es völlig unsinnig, davon zu sprechen, dass Poststrukturalismus „Bewusstsein schafft“. Korrekt und wahrhaftig ist es zu sagen: Poststrukturalisten wollen andere Bewusstseine – vorsichtig ausgedrückt – „verändern“. Das ist etwas anderes als „Bewusstsein schaffen“. In welchem Sinne sie eine Veränderung bewirken wollen, dazu lasse ich mich hier gar nicht aus.
Aber ich weiß, es ist nicht nur eine poststrukturalistische Mode, davon zu sprechen, „Bewusstsein zu schaffen“, wenn es darum geht, anderen Menschen das eigene „Bewusstsein“ aufzureden (höflich ausgedrückt).
Ich weiß, dass auch die 70er-Jahre-“Marxisten“ das gern ähnlich gesehen haben. „Bewusstsein schaffen“: „Arbeiter, du wirst ausgebeutet!“ (Als ob er das nicht selbst wüsste).

Ein Werkzeug, das den Marxismus ergänzt?
Der Meinung bin ich ganz und gar nicht!
Eher ein Werkzeug, den ohnehin schon durch den Stalinismus fast zur Unkenntlichkeit verzerrten Chimären-“Marxismus“ der Nachkriegsära ganz auf den Hund bringt.
Das ist wirklich meine Ansicht und nicht etwa eine momentane polemische Spitze.
Die Annahme der Manipulierbarkeit der Bewusstseine durch Sprache, kombiniert durch die geradezu törichte Reduzierung des Menschen auf ein „sprachliches Konstrukt“ ist aus meiner Sicht geistiges Erbe des Stalinismus.
Dem Poststrukturalismus auch in seinen linken Varianten sind die menschlichen Leidenschaften, die „praktisch-sinnliche Tätigkeit“ völlig fremd und eben lediglich „sprachliche Konstrukte“.
Dadurch bedingt erklärt sich auch die fundamentale Schwäche der „revolutionären Linken“, speziell in Deutschland. Da die revolutionären Linken, umnebelt von den eigenen „sprachlichen Konstrukten“, die Leidenschaften der Menschen nicht kennen, sie mindestens nicht anerkennen und sie allenfalls verändern wollen, haben sie auch keinerlei Zugang zu den Leidenschaften grosser Massen (Gewiss. Diese haben diesen oft selbst nicht).
Da die Leidenschaften der Menschen gar nicht wahrgenommen, geschweige denn angesprochen werden, ermangelt es den Grüppchen „revolutionärer Linker“ vor allem an einem: an Attraktivität nach aussen.

Und da soll ausgerechnet der Poststrukturalismus, der die Leidenschafts-Feindlichkeit auf die Spitze treibt, ein Werkzeug sein, das die Werkzeuge des Marxismus ergänzt?

So wird das ohnehin schon schwerst ramponierte Werkzeug ganz zu Grunde gerichtet: die Axt wird immer stumpfer, der Hammer (bestehend aus zwei Teilen) wird „zweckmässig“ „dekonstruiert“, mit dem Geigerzähler werden Nägel in die Wand geschlagen (schließlich handelt es sich ohnehin nur um ein „sprachliches Konstrukt“).

Nein, nein, nein, das ist kein Marxismus.

Nun ist mir aber auch klar, dass das alles stramme Poststrukturalisten nicht beeindrucken wird, da sie offensichtlich, wie auch immer verformt und denaturiert und unbewusst, ihre (erfolgreich unterdrückten) Leidenschaften leben (die ich oft als Machtbesessenheit wahrnehme).
Sie wollen die Leidenschaften, die Gefühle der Menschen verändern, und das durch „sprachliche Konstrukte“ (wie sie selbst eines sind)!
Nun, sollen sie es doch versuchen!
Das Ziel ist zwar verwerflich, aber schon die angewandten Methoden (verbale Nötigungsversuche) sind zudem auch noch völlig untauglich, also besteht eigentlich kein Grund zur Sorge.

Nur – ich muss dabei doch nicht mitmachen, oder?

Und an alle, die aufgrund ihrer Leidenschaften bewusste Revolutionär/inn/en sind oder sein wollen, folgende Warnung:
Wer sich poststrukturalistischen Denkmustern und Methoden hingibt, dem ist dauerhaft gesellschaftliche Isolierung und Wirkungslosigkeit sicher. Zum Ausgleich aber gibt’s dafür zur Belohnung für die Tapferkeit eine Menge „sprachlicher Konstrukte“.

Klar kann mensch damit alles verwässern, keine Frage.

Wenigstens begreifst du das.

Aber mensch kann auch das genaue Gegenteil tun: Die Widersprüche des Kapitalismus schärfer herausarbeiten.

„Mensch“ (im Sinne eines beliebigen Einzel-Individuums) kann das NICHT, sondern allenfalls die Widersprüche des Kapitalismus besser begreifen. Das ist etwas anderes als „herausarbeiten“. Widersprüche treten zu Tage und werden nicht herausgearbeitet.
Aber von diesem (typisch poststrukturalistischen) sprachhygienischen Einwand mal abgesehen, erkenne ich an diesem Satz wieder diesen fatalen Irrtum vom „Bewusstsein schaffen, um zum Handeln zu bewegen“.
Ohne eine vertrauensbildende Praxis und praktisch-sinnliche Erfahrungen anziehender Art wird das definitiv nicht funktionieren.
Es besteht nicht die geringste Chance, und die Bedeutungslosigkeit der revolutionären Linken in Deutschland ist der beste Beweis dafür.
Ich weiß, daß das für deutsche „revolutionäreLinke“ schwer zu verstehen ist, die ihre eigene Bedeutungslosigkeit längst hinnehmen und sich mit sprachlichen Konstrukten darüber trösten.

Das ist auch der Grund, warum ich zum Beispiel gelegentlich auf das generische Feminin zurückgreife und bewusst etwa von einer Genossin spreche, obwohl ein Mann gemeint ist. Die Leute wundern sich darüber und stellen sich dann vielleicht eher die Frage, ob an dieser Stelle nicht auch eine Frau hätte sitzen können.

Um also die Widersprüche des Kapitalismus herauszuarbeiten, verwendest du das generische Feminin. Aha. Du sprichst von einer Genossin, „obwohl“ ein Mann gemeint ist. Aha. Du erwartest dann, dass „die Leute“ sich dann wundern, ob an dieser Stelle nicht auch eine Frau hätte sitzen können. Im Comic würde man dann eine Glühbirne in der Denkblase über den Leuten aufleuchten sehen, gefolgt von einer Sprechblase: „Danke! Danke! Endlich haben wir es begriffen!“
Also etwa in der Art:
Sprachgebrauch → Wundern → Erkenntnis → Handeln (des/der sich „Wundernden“)

So etwas bezeichne ich – mit Verlaub – als eine Milchmädchenrechnung.

Kennst du die Bedeutung des Wortes „Milchmädchenrechnung“?
Ich erkläre sie gerne.
Ein Bauernmädchen bringt eine Kanne Milch zum Markt. Sie rechnet sich dabei aus, welchen Erlös sie davon erzielen kann und was sie sich dafür kaufen kann. Eine Kuh zum Beispiel, die Milch produziert. Dies erhöht die Erlöse, und das Bauernmädchen malt sich aus, welchen steigenden Wohlstand sie dann erzielen könnte, bis hin dazu, dass sie einen Prinzen heiraten wird.
Bei diesen Phantasien übersieht sie einen Stein auf dem Weg vor sich, stolpert, die schöne Milch kippt aus und mit den schönen Wenn-Dann-Konstrukten ist es vorbei.
Diese kleine Erzählung ist der Hintergrund des geflügelten Wortes von der Milchmädchenrechnung.
Denk mal drüber nach! Diese kleine Geschichte enthält mehr Weisheit als ihr auf den ersten Blick anzusehen ist.

Doch zu dem generischen Feminin noch einige Bemerkungen.
Dieses generische Feminin und seine Verwendung als Hebel, um Realität zu verändern, ist „typisch deutsch“.
Ich erkläre auch gern warum.
Die deutsche Sprache zeichnet sich dadurch aus, dass der grammatische Genus eine vergleichsweise dominierende Rolle hat (das ist – aber um vieles abgeschwächter – auch im Englischen und den meisten romanischen Sprachen der Fall). Ein Ergebnis davon ist, dass viele, ja die meisten Bezeichnungen für Berufe, sozialen Status usw auch in einer nicht geschlechtsspezifisch gemeinten Form männlichen Genus haben wie z.B. „Bürger“, „Genosse“, „Arbeiter“ usw.
Gewiss ist dies Ausdruck einer ausgehenden Vergangenheit, in der biologische Männer in der gesellschaftlichen Struktur eine dominierende Rolle hatten und teilweise bis heute auch noch haben (=Patriarchat).
Die Annahme aber, dass durch „Feminisierung der Sprache“ gesellschaftliche Realitäten verändert werden können, ist aber sowohl „typisch deutsch“ als auch „typisch poststrukturalistisch“.
Ich bleibe mal beim „typisch deutsch“.

Was machen denn auf dem Wege der „Feminisierung“ dann nur die armen Japaner/innen und die armen Chines/innen/en? Deren Sprachen kennen nämlich überhaupt gar keinen grammatischen Genus, sie können daher gar nicht „feminisieren“.
So heißt Genossin und Genosse gleichermaßen auf Japanisch „doshi“, und will man näher bezeichnen, ob es sich um eine biologische Frau oder einen biologischen Mann handelt, so bedarf es eines entsprechenden Zusatzes.
Armes Japan, es wird wohl für immer von den Segnungen des Poststrukturalismus unberührt bleiben
In der Tat ist allein dieser Begriff in gesamt Ostasien völlig unbekannt; ich verbrachte 2012 eine Stunde damit, die Philosophie des Poststrukturalismus meinen japanischen Genossinnen und Genossen zu erläutern, die das wiederum als eine exotische Sumpfblüte betrachteten und sich meine Erläuterungen durchaus interessiert bis belustigt anhörten. Die japanische JRCL hat sicher noch keine Geschlechterparität erreicht, aber sowohl absolut als auch relativ übertrifft der Frauenanteil den des gesamten NAO-Umfeldes um mindestens ein dutzendfaches. Und das ganz ohne Poststrukturalismus!
Ich werde der JRCL raten, einfach eine interne Kampagne loszutreten, die Männer auffordert, aus ihrem Geschlecht auszutreten und sich zu Ex-Männern zu deklarieren, dann ist die Parität bestimmt schnell erreicht.
(Das war jetzt wieder Ironie).

Grundsätzlich habe ich nichts dagegen einzuwenden, wenn vom Inhalt her geschlechtsunspezifische Bezeichnungen für Menschen sprachlich erprobt werden. Ich verwende durchaus das Binnen-Innen in der Form /inn/en, aber deswegen weil ich Menschen aller Geschlechter ansprechen will, und nicht weil ich mir einbilde, dadurch Realitäten oder auch nur ein Bewusstsein zu ändern.
Aber in der Realität treten Veränderungen in der Sprache erst im Gefolge und in Folge von Veränderungen in der sozialen Realität auf.
Wer mag, soll meinetwegen generisches Feminin zu seiner Leidenschaft machen (Fotokopiererin, Computerin, usw.), aber eine entsprechende Sprachnorm durch selbsternannte „postmoderne“ Sprach-Eliten, für die alles existierende ohnehin nur ein „sprachliches Konstrukt“ ist, werde ich nicht anerkennen, erst recht nicht, wenn diese „Definitionshoheiten“ einfordern.

Interessant ist natürlich die Frage, warum sitzt „an dieser Stelle“ keine Frau?
In der Tat habe ich noch nie eine „linke Szene“ mit einem so niedrigen Frauenanteil erlebt wie in Berlin. Allein in Japan kenne ich bestimmt zehnmal mehr politische Aktivistinnen (persönlich) als in ganz Berlin.
Der eigentümliche Kontrast dazu ist die wortreiche Präsenz von sogenannten „Ex-Männern“ (bisweilen stoppelbärtig).

Als Fourierist würde ich auf obige Frage antworten: nun, es ist wohl so, dass die Mitarbeit in diesen Gruppen nicht attraktiv (d.h. anziehend) ist, und es wäre wichtig, über diese „Attraktionen“ (Anziehungen) mehr zu wissen, um den Hebel (levier) zu finden, an den Leidenschaften (passions) anzuknüpfen und somit Attraktivität zu gewinnen.
Das sind übrigens Fouriersche Begriffe.

Um es für besonders Begriffsstutzige zu erklären. 1917 meldeten sich in Petrograd und Moskau an die 20000 Arbeiter zu den sogenannten Roten Garden. Es gab keinen Zwang dazu, sondern im Gegenteil den erbitterten Widerstand der provisorischen Regierung dagegen. Alle Rotgardisten mussten durchaus mit dem Tod rechnen.
Ich habe keinen Zweifel daran, dass diese Menschen ihren Leidenschaften folgten und für diese auch bereit gewesen waren, in den Tod zu gehen.

Anziehungen sind eine komplexe Angelegenheit, und auch ein Lenin wusste sehr wohl davon.
Leidenschaften sind nicht einfach nur Vergnügungen (auch nach Fourier), sondern alles, was Menschen wirklich antreibt und zum Handeln bringt. Für ihre Leidenschaften gehen viele Menschen bekanntlicherweise sogar in den Tod.
Attraktivität kann daher nur darin bestehen, die Leidenschaften der Menschen anzusprechen, an ihnen anzuknüpfen, sich den „Massen anzunähern, ja wenn man so will bis zu einem gewissen Grade mit ihnen zu verschmelzen“ (Lenin).
Wie mit allen Menschen, so ist es eben auch mit Frauen.

Was könnte an einer Organisierung in revolutionären Organisationen attraktiv sein?
Etwa für junge Frauen?

So wäre doch die Frage richtig gestellt.
Hat diese mangelnde Attraktivität vielleicht etwas mit dem menschlichen Klima in den Gruppen zu tun? Mit der Art und Weise der (Nicht)Praxis? Mit der allgemeinen „Verkopfheit“ der Szene (ohne jede Klugheit, die der Begriff scheinbar nahelegt)? Mit der in der Szene verbreiteten Leidenschafts-Feindlichkeit?

Aber du bist ja auf den Gedanken gekommen, durch generisches Feminin Abhilfe zu schaffen. Alle Genossen werden Genossinnen und es ist ja auch neuerdings möglich, sich selbst als „Ex-Mann“ zu deklarieren, seitdem es die poststrukturalistische Erleuchtung gibt. Es handelt sich zwar dabei durchweg rein um „sprachliche Konstrukte“, aber es wird den Frauenanteil mit Sicherheit dramatisch erhöhen.
Das war natürlich jetzt Ironie, und da das möglicherweise schwer zu verstehen ist, sage ich das lieber dazu.

Ich bin kurz gesagt der Ansicht, dass die Annahme, durch „Sexismus“-Mobbing (damit meine ich alles, was über den Kampf gegen die Diskriminierung von Frauen aufgrund ihres Geschlechts hinausgeht) den Anteil junger Frauen an den unattraktiven, von „Ex-Männern“ beherrschten Gruppen steigern zu können, höchst albern ist, und ich habe keine Lust, das auch noch näher zu begründen.
Möge es die Erfahrung lehren. Wenn überhaupt, dann lernen Menschen nämlich durch Erfahrung (Und am meisten durch anziehende Erfahrung).

Darüber, lieber Richard, empfehle ich dir wirklich, in Ruhe nachzudenken: ob der Poststrukturalismus mit seinem Glauben an die „performative Macht der Sprache“ etwas anderes ist als die (post)moderne Form des Märchens „Ali Baba und die 40 Räuber“.
Da stand Ali Baba vor einem Berg und sprach die Worte:
„Sesam öffne dich!“
Und der Berg öffnete sich und es war ein Schatz darin.

Donnerwetter!
Das ist „performative Macht der Sprache“!
Aber du kannst es ja auch versuchen mit „Mutabor!“ oder „Simsalabim!“ oder „Hokuspokus“.
Der Magier Aleister Crowley empfahl die Silbe „Aumgn“, welche alle Laute des Kosmos integrieren soll.

Das ist alles natürlich kein Widerspruch zu DG, aber sie schreibt mir schon wieder zu viel Text

Natürlich stehst du nicht im Widerspruch zu DG und den Poststrukturalisten, sondern bist ihnen auf den Leim gegangen. Was du nur übersiehst, ist die Tatsache, dass „viel Text“ eben nun einmal zum Poststrukturalismus gehört wie heisse Luft zur Dampflokomotive.
Es gibt eben „keine Wirklichkeit außerhalb der Sprache“ (logozentrische Grundaussage des Poststrukturalismus). Das musst du eben hinnehmen, wenn du eine brave Poststrukturalistin sein willst, oder du hast das ganze nicht verstanden.

Und weil es so schön ist als Schlussworte:
Dixi et salvavi animam meam.
Die Anziehungen sind proportional zu den Bestimmungen!

Written by bronsteyn

2. Januar 2013 at 5:25 am